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25. August 1999:

Datenschutzbeauftragte fordern Trendwende in der Telekommunikationspolitik:
Weg vom Anspruch auf lückenlose Überwachung hin zu einem effektiven Schutz des Fernmeldegeheimnisses

Die Datenschutzbeauftragten von Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein sowie der Datenschutz- und Informationszugangsbeauftragte von Brandenburg fordern angesichts der aktuellen technischen und rechtlichen Entwicklungen eine eindeutige Kehrtwende der deutschen Telekommunikationspolitik. Das Konzept, staatliche Kontrollen auf immer mehr Bereiche der elektronischen Kommunikation auszudehnen, muss aufgegeben werden. Stattdessen muss der Staat das Telekommunikationsgeheimnis der Bürgerinnen und Bürger aktiv und wirksam schützen.

Das Internet boomt. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger nutzen E-Mail, Mobiltelefon und Teledienste. Die bevorstehende Internationale Funkausstellung in Berlin wird viele technische Neuerungen vorführen, mit denen noch mehr Menschen schneller und bequemer die "Neuen Medien" nutzen können. Viele sind aber verunsichert, inwieweit sie dem Netz trauen können.

Die Furcht vor Überwachung ist realistisch: Niemand weiß, ob und von wem die eigenen Äußerungen in den Netzen registriert und aufgezeichnet werden.

In den letzten Jahren sind immer neue Befugnisse zur staatlichen Kontrolle der Tele-kommunikation geschaffen worden. Vorschriften, die früher nur das Abhören von Telefonaten betrafen, sollen jetzt auch für E-Mails und für den Abruf von Informationen aus dem Internet gelten. Soeben wurde öffentlich bekannt, dass 1998 mehr als doppelt so viele Telefonüberwachungen angeordnet wurden wie 1995. Auch die neue Bundesregierung bereitet weitere Kontrollbestimmungen vor (z.B. die Telekommunikations-Überwachungsverordnung). Große Privatunternehmen werten systematisch den Internetverkehr aus.

Das von der Verfassung garantierte Recht der Einzelnen, unkontrolliert elektronisch zu kommunizieren, ist unverzichtbare Grundvoraussetzung einer offenen, demokratischen Informationsgesellschaft. Dieses Recht ist in unserem Land durch ausufernde Überwachungsvorschriften stark gefährdet. Außerdem gibt es bislang keine ausreichende Informationssicherheit im Internet. Das Bundesverfassungsgericht hat vor fünf Wochen in seinem Urteil zu den Abhörbefugnissen des Bundesnachrichtendienstes diese Gefährdung auf den Punkt gebracht: "Die Befürchtung einer Überwachung ... kann schon im Vorfeld zu einer Befangenheit in der Kommunikation, zu Kommunikationsstörungen und zu Verhaltensanpassungen führen."

Zur Gewährleistung des Rechts auf unbeobachtete Kommunikation fordern die Datenschutzbeauftragten ein umfassendes Gesetz zur Sicherung der freien Telekommunikation.

Insbesondere geht es um Folgendes:

  • Alle Telekommunikationsanbieter sind zu Datensparsamkeit und Datenvermeidung zu verpflichten. Optionen für anonyme und pseudonyme Nutzungen sind zur Verfügung zu stellen.
  • Verschlüsselung ist als kostenlose Standardleistung anzubieten. Das Eckpunktepapier der Bundesregierung zur deutschen Kryptopolitik ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
  • Ein Mediennutzungsgeheimnis ist einzuführen: Wie Zeitung, Buch oder Fernsehen müssen auch die Neuen Medien unkontrolliert genutzt werden können.
  • Die Mitwirkungspflichten bei Abhörmaßnahmen sind auf lizenzpflichtige Unternehmen (z.B. Telefongesellschaften) zu begrenzen. Nebenstellenanlagen in Hotels, Betrieben oder Krankenhäusern sind auszunehmen.
  • Die Anwendung der Überwachungsbefugnisse muss regelmäßig von unabhängiger Seite evaluiert werden.
  • Datenschutzfreundliche Techniken sind zu fördern. Sie müssen erforscht und entwickelt sowie kundenfreundlich auf dem Markt angeboten werden.
  • Berufliche Schweigepflichten z.B. von Ärztinnen und Ärzten oder Anwältinnen und Anwälten sind besonders wirksam zu schützen.
  • Der bestehende strafrechtliche Schutz des Kommunikationsgeheimnisses muss endlich ernst genommen werden. Stärkere polizeiliche Prävention, Beendigung des freien Verkaufs von Abhörtechnik, Effektivierung der Strafverfolgung sowie Straffreiheit für die Aufdeckung von Sicherheitslücken ("ethical hacking") müssen der Bagatellisierung von Straftaten gegen den Schutz der Privatsphäre ein Ende setzen.

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  Berlin, am
  25.08.1999
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